Da war sie also wieder. Die alljährliche Meisterschaft im Gebrauchshundesport des Landesverbandes Hamburg. Eine Veranstaltung, die im Vorfeld bereits für allerlei Vorfreude aber auch für eine gewisse angespannte Atmosphäre sorgte. Einerseits hatten wir mit dem GHV Tornesch, der mit dieser Meisterschaft gleichzeitig sein 60-jähriges Bestehen feierte, einen routinierten Ausrichter. Was sollte also schief gehen?
Andererseits haben wir im Landesverband einige Neubesetzungen im Präsidium gehabt und sicherlich würde es an der einen oder anderen Stelle noch kleinere Abstimmungen geben, die vielleicht für ein kleines „Knirschen“ im Ablauf sorgen würden.
Ich hatte die Aufgabe die Prüfungsleitung zu übernehmen. Das war lange im Vorfeld abgestimmt, da unser LRO Frank Bukowski am Samstag nicht anwesend sein konnte und ich auch bereits die eine oder andere Meisterschaft ausrichten durfte. Mit Torsten Müller hatten wir vom Landesverband einen routinierten Leistungsrichter eingesetzt und ich freute mich auf zwei entspannte Tage, an denen ich ein paar Reden schwingen, schöne Leistungen sehen und ansonsten ein paar Punkte der Leistungsrichter entgegennehmen würde.
Diese Illusion wurde dann am Montag vor der Landesmeisterschaft etwas erschüttert. Torsten rief mich an, es gebe Corona in seinem Umfeld, er würde schon leichte Symptome merken und warte noch auf den definitiven Test. Der kam dann am Mittwoch, leider positiv. Somit musste ich als Richter spontan einspringen, unser neuer LV-Präsident, Tobias Stölting, übernahm, ohne zu zögern, den Job des Prüfungsleiters. Es folgten ein paar telefonische Abstimmungen mit Tobias, mit Dr. David Broneske, dem eingesetzten Gast-Leistungsrichter aus dem Landesverband Sachsen-Anhalt und Marvin-Lee Kraak, dem Leistungsrichteranwärter aus Schleswig-Holstein, den ich ebenfalls zu betreuen hatte.
Mit einem meinerseits leicht mulmigen Gefühl der völlig fehlenden Vorbereitung, begann also am Samstag die Landesmeisterschaft. 12 Teams hatten gemeldet und besonders schön war, dass wir seit vielen Jahren auch wieder eine jugendliche Starterin in den Reihen begrüßen konnten. Das Wetter war regnerisch und windig, wir fuhren aber dennoch nach der Auslosung frohen Mutes in die Fährte. Wir hatten routinierte und erfahrene Fährtenleger, was kann da passieren? Die Ernüchterung kam recht zeitnah: die ersten 5 Fährten mussten abgebrochen werden, kein Hund schaffte es weit über den ersten Winkel hinaus. Der durchnässte und klebrige Lehmboden, die groben und harten Schollen und die dazu kommenden Wetterverhältnisse machten eine Suche unmöglich. Selbst routinierte Hunde standen auf dem Acker und versuchten hilflos, irgendwie einen Ansatz zur Weitersuche zu finden. Leider in allen Fällen vergeblich.
Nach telefonischer Rücksprache mit dem LRO, entschieden der Prüfungsleiter und die amtierenden Richter: Wir brechen ab. Das taten wir zu diesem Zeitpunkt ohne einen Plan B. So fuhren also alle Teilnehmer zurück zum Vereinsheim und wurden dort erstmal durch sehr gutes Essen gestärkt. Zu diesem Zeitpunkt war unklar: Finden wir Ausweichgelände? Wann würden wir suchen? Schaffen wir es noch am Samstag? Machen wir am Sonntag alle drei Abteilungen? Verschieben wir gar die ganze Landesmeisterschaft?
Wir ließen also unsere Kontakte spielen. Das „Richterteam“ fuhr weiter Richtung Elmshorn und Glückstadt und schaute sich einige zur Verfügung stehende Geländeabschnitte an. Frank Brünnicke, 2. Vorsitzender des GHV Tornesch, suchte in näherer Umgebung. Nach ca. 2 Stunden dann die Nachricht: Frank hatte Ausweichgelände. Alle Fährtenleger erklärten sich bereit, sofort wieder rauszufahren und eine 2. Runde Fährten zu legen. Das war absolut bemerkenswert und diesen Einsatz und dieses Engagement kann man nicht hoch genug anrechnen. Um 14:30 Uhr wurde also die erste Fährte angesetzt und ab da lief es im Zeitplan. Am Ende konnte nur ein Team die Fährte nicht bestehen, alle anderen beendeten mit teilweise vorzüglichen Ergebnissen den ersten Tag erfolgreich. Vielen Dank nochmals an dieser Stelle an Frank sowie das gesamte Fährtenlegerteam.
Damit war es am Sonntag wieder spannend. Pünktlich um 9:30 Uhr standen die ersten beiden Teams zur Unterordnung bereit. Das Wetter war etwas besser, dennoch sorgte der ein oder andere Schauer für durchnässte Kleidung. Es wurde in 6er Gruppen geführt, nach 6 Unterordnungen folgten sogleich die 6 Schutzdienste. Eine Gruppe startete am Vormittag, eine Gruppe am Nachmittag.
Als Schutzdiensthelfer wurden Julez Timm im 1. Teil und Matthias Mylius im 2. Teil eingesetzt. Ersatz war Sven Wagner, der ständig bereit war, einzuspringen. Beide Helfer machten einen sehr guten Job. Besonders hervorzuheben ist die absolut sportliche Haltung des Helfers Matthias Mylius. In der ersten Gruppe war ein Hund im 2. Teil am Ärmel vorbeigesprungen. Matthias ging danach sofort zu den Richtern und räumte seinen Fehler ein. Er hat sich zu früh gedreht und der Hund hatte keine Chance. Somit wurde die Übung wiederholt und der Hund konnte diese erfüllen. Diese sportliche Haltung ist besonders hervorzuheben. Ein Fehler kann passieren. Das ist menschlich. Einen Fehler einzugestehen und zu korrigieren, zeugt von sportlicher Größe.
Die Leistungen der Teams auf dem Platz waren durchwachsen. Bei einigen Startern ging vieles schief, andere zeigten sehr sehenswerte und beeindruckende Arbeiten. Leider konnte unsere jugendliche Starterin die Prüfung nicht erfolgreich beenden. Ihre Hündin entschied sich im Schutzdienst den Ärmel nicht loszulassen, so dass eine Disqualifikation ausgesprochen werden musste. Sehr schade, aber dennoch zeigte das Team ein gutes Potential. Sicherlich funktioniert es beim nächsten Mal besser.
Auf dem Treppchen landeten am Ende drei Teams, die mit guter Chance unseren Landesverband bei der Bundessiegerprüfung vertreten können.

Auf dem dritten Platz überzeugte Wiebke Barvels mit ihrer „Cougar vom Buxtehuder Bullen“. Mit 96 / 91 / 88 Punkten sind die Beiden gut im Rennen, einen Platz über die Sammelliste zu ergattern. Gerade die Unterordnung des Teams war sehr sehenswert.
Den zweiten Platz und damit eine sichere Fahrkarte zur Bundessiegerprüfung, konnte sich Satu-Janita Dehde mit „Belgian Tigers Linus“ sichern. Mit 97 / 90 / 91 lieferten sie in jeder Abteilung ein sehr rundes Gesamtbild ab. Auch hier wird gerade das Wort „Team-Harmonie“ sehr großgeschrieben.
Landesmeisterin wurde Anja Haase mit „Iloy von den Mecklenburger Rüpeln“, dem zugleich jüngsten Hund der Veranstaltung. Mit 96 / 92 / 96 siegten sie sehr überzeugend und präsentierten den Zuschauern als letzten Schutzdienst der Veranstaltung noch ein absolutes Highlight. Sehr wuchtige Einstiege, absolut ruhiges Griffverhalten und selbstsicheres agieren am Helfer führten zu dieser vorzüglichen Bewertung in der Abteilung C.

Nach einer sehr würdigen Siegerehrung, durchgeführt von unserem LV-Präsidenten und Prüfungsleiter, Tobias Stölting, nahm die Veranstaltung in einem festlichen Rahmen ein sehr harmonisches Ende.
Wir bedanken uns beim GHV Tornesch für die professionelle und absolut gelungene Durchführung dieser Landesmeisterschaft, den Fährtenlegern und Schutzdiensthelfern für den großen Einsatz und die sportliche Fairness sowie den Hundeführern für die sportlichen Vorführungen und das Verbreiten einer guten und positiven Stimmung.

Ich persönlich möchte mich bei meinem Richterkollegen, Dr. David Broneske sowie dem Richteranwärter, Marvin-Lee Kraak, bedanken. Mir hat es großen Spaß gemacht, die Zusammenarbeit war sehr angenehm und wir lagen ausgesprochen gut auf einer Wellenlänge.
Ich wünsche den qualifizierten Startern viel Erfolg bei der Bundessiegerprüfung 2023.
Sören Roggenbau
OfG LV Hamburg